Pflanzen im Guinness Buch der Rekorde
Wer an die Zahl 488 denkt, wird sie sich wohl kaum in der Realität ausmalen können, vielleicht in einem Bällebad oder einem Keller voller Weinflaschen. Und jetzt stellen Sie sich Folgendes vor: 488 Tomaten. Genau diese Menge hat ein Mann, der heute „Grünfinger-Graham“ genannt wird, in seinem Garten geerntet. Es sind zwar relativ kleine Tomaten, aber aufgepasst: Alle diese Früchte stammen von einer einzigen Tomatenpflanze. Graham Tanter aus England schlägt damit seinen eigenen Rekord von 304 Tomaten, den er zuvor aufgestellt hatte. Wir gratulieren jedenfalls, schauen auf unsere eigenen vergleichsweise kümmerlichen Austriebe und fragen uns: Wie zum Teufel hat er das gemacht?
Leider möchte Mr. Tanter darüber lieber nicht sprechen, um seine Geheimnisse zu bewahren. Er erwähnt nur etwas von Polyethylen-Tunneln zum Anbauen und ein „spezielles Dünger-Programm“, das er mit Spezialisten ausarbeitet. Sein Schweigen ist kein Wunder, schließlich gewinnt er pro Anbausaison bis zu 17 Preise mit seinem Gemüse – und diesmal den nächsten Eintrag ins Guinness Buch der Rekorde.
Pflanzen und Rekorde – passt das zusammen?
Geschichten wie die von Graham Tanter tauchen immer wieder in den Nachrichten und in Büchern über Rekorde und Gartenbau auf. Doch ist es wirklich das, was wir für unsere Nutzpflanzen wollen? Schließlich vergibt bisher keiner einen Preis für den umweltfreundlichsten Garten oder die leckerste Petersilie. Die Rekorde drehen sich immer nur um höher hinaus: Schnelles Wachstum, riesige Erntemengen, große Höhen. Man kann oft nur sehen und staunen, was Mutter Natur da wieder hervorgebracht hat, wie die riesigen Kohlköpfe, die man ebenfalls in Graham Tanters Garten findet. Dabei wurde Mutter Natur höchstwahrscheinlich stark auf die Sprünge geholfen, und wer weiß schon, mit welchen Mitteln.
Iss deinen Spinat, Kind!
Manche Rekorde sollen auch einen großen Nutzen für die Gemeinschaft beitragen. Die Auszeichnung für den erfolgreichsten Gentransfer von Pflanze zu Tier ging bereits 2002 an den japanischen Wissenschaftler Akira Iritani und sein Team. Sie hatten erfolgreich ein Gen aus dem Spinat in Schweine-DNA eingeschleust. Ihr Beitrag: Das Fleisch der Schweine entwickelte sich fettärmer und damit gesünder. Auch wenn sich Kinder damit sicher gut locken ließen – durchgesetzt haben sich die Spinatschweine nicht. Solche Versuche kommen uns ohnehin immer etwas befremdlich und bizarr vor. Solange man es nicht übertreibt, kann ein bisschen Wettbewerb, wie ihn das Guinness Buch der Rekorde anstachelt, eigentlich nicht schaden. Ein bisschen experimentieren wir ja selbst in unserem eigenen Garten herum, wie man eigentlich die Tomaten noch aromatischer machen kann. Auch wenn das mit der Größenordnung von Rekorden nichts zu tun hat – durch Beschäftigung mit dem Extremen entstehen teilweise sogar nützliche Rekorde wie das Pflanzen von 40.885 Bäumen einer 100-Mann Truppe innerhalb von einer Stunde. Wir gratulieren!
Text: mh